Neue Paid-Konzepte verzweifelt gesucht

Es ist eine Schicksalsfrage: Haben Print und klassisches TV überhaupt noch eine Chance bei den Millennials? Verleger und Fernsehsender müssen endlich eine zeitgemäße Antwort auf diese Frage finden, glaubt René Lamsfuß, Chief Research Officer der Agentur VivaKi.

Die Millennials sind ja keineswegs desinteressiert; redaktionelle Inhalte sind für sie durchaus interessant. Aber sie lassen sich eben nicht in ein starres Konstrukt pressen. Sie wollen nicht gezwungen werden, ein Magazin am Kiosk kaufen, um einen Artikel lesen zu können. Von einem Abo ganz zu schweigen. Was in der Medienwelt nach wie vor fehlt, ist ein wirklich sinnvolles Paid-Konzept, wie man gerade dieser Zielgruppe Inhalte verkaufen kann.

Die Millennials sind nicht dumm. Sie können nur nicht nachvollziehen, warum sie für ein Magazin am Kiosk ebenso viel zahlen sollen, wie wenn sie es aufs Tablet ziehen. Dafür brauche ich nämlich keine Druckmaschine, muss keinen Baum fällen und keine Papierberge hin und her zu transportieren. Beim Fernsehen stellt sich die Frage zwar etwas anders, hat aber ähnliche Auswirkungen: Warum soll ich mir eine Sendung um Viertel nach acht angucken, wenn ich sie eine Woche lang in der Mediathek sehen kann?

Hier muss ein Umdenken stattfinden. Wie hole ich diese Zielgruppe wieder ab? Nicht nur, um sie werblich zu vermarkten, sondern auch um sie von meiner Medienmarke zu überzeugen. Wie liefere ich einen Mehrwert, der dann letztlich auch dieser Zielgruppe etwas wert ist?

Die Verleger müssen mehr tun, als nur gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Der Anfang der E-Paper-Vermarktung war ja: Man bekommt das iPad gratis, wenn man ein Abo abschließt. Damit macht man auch über zwei Jahre gesehen kein Geschäft, es sei denn, man bombardiert die Abonnenten ständig mit Werbung. Aber eigentlich verkauft man nur ein Tablet mit Gratis-Redaktion. Und Millennials bleiben sicher nicht nur aus Gewohnheit Abonnenten, so wie das in früheren Zeiten einmal war.

Natürlich lesen manche Leute Die Zeit im Flieger auf dem iPhone. Schon deshalb, weil sie damit nicht dauernd ihren Sitznachbarn mit Papier erschlagen möchten. Aber das steht noch immer in keinem Verhältnis zur gedruckten Auflage. Das bedeutet nicht, dass die Millennials Printmarken nur digital nutzen; es gibt sicherlich auch die eine oder andere Situation, in der sie eine „reale“ gedruckte Zeitung oder Zeitschrift zur Hand nehmen und darin blättern oder lesen. Es bleibt aber die Frage, ob sie sie sich tatsächlich noch selber kaufen. Oder ob sie sie nur noch lesen, wenn sie beim Friseur oder am Flieger ausliegen.

 

René Lamsfuß ist Chief Research Officer von VivaKi und Managing Director der Düsseldorfer Beratungsagentur Nihah (beide gehören zur ZenithOptimedia Gruppe). Die Aufbereitung der internationalen Ergebnisse der Millennial-Studie „The Pursuit of Happiness“ finden Sie hier, Ergebnisse für Deutschland unter diesem Link.