71 Prozent der 11- bis 17-Jährigen in Deutschland und 80 Prozent der Eltern empfinden die Corona-Krise als seelisch äußerst/ziemlich belastend. Das bleibt nicht folgenlos: Kinder und Eltern berichten vermehrt nicht nur von Alltagsproblemen, sondern auch von psychischen und psychosomatischen Auffälligkeiten. Betroffen sind vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten steigt von rund 18 Prozent vor Corona auf 31 Prozent während der Krise, so die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE).
Die Kinder und Jugendlichen machen sich in Zeiten von Covid-19 mehr Sorgen und zeigen häufiger Auffälligkeiten wie Hyperaktivität (24 Prozent), emotionale Probleme (21 Prozent) und Verhaltensprobleme (19 Prozent). Auch psychosomatische Beschwerden treten während der Corona-Krise vermehrt auf. Neben Gereiztheit (54 Prozent) und Einschlafproblemen (44 Prozent) sind das beispielsweise Kopf- und Bauchschmerzen (40 bzw. 31 Prozent).
Mehr Alltags-Probleme
Auch bei Themen wie Schule, Familie oder Freunde zeigten sich in der Corona-Zeit auffällige Veränderungen: Für zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen empfinden die Schule und das Lernen anstrengender als vor Corona. Sie haben Probleme, den schulischen Alltag zu bewältigen und empfinden diesen teilweise als extrem belastend. „Das verwundert kaum, da den Kindern und Jugendlichen die gewohnte Tagesstruktur und natürlich ihre Freunde fehlen. Beides ist für die psychische Gesundheit sehr wichtig“, erklärt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe Child Public Health und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE. Auch in den Familien hat sich die Stimmung verschlechtert: 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 37 Prozent der Eltern berichten, dass sie sich häufiger streiten als vor der Corona-Krise.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Corona-bedingten Veränderungen bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen besonders stark belasten“, sagt Ravens-Sieberer. Vor allem Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss beziehungsweise einen Migrationshintergrund haben, erleben die Corona-bedingten Veränderungen als äußerst schwierig. Fehlende finanzielle Ressourcen und ein beengter Wohnraum führen ebenfalls zu einem hohen Risiko für psychische Auffälligkeiten. Mangelnde Rückzugsmöglichkeiten und fehlende Tagestruktur können besonders in Krisenzeiten zu Streit und Konflikten in der Familie führen. Ihre Forderung: „Wir brauchen dringend Konzepte, wie wir die Familien in belasteten Phasen besser unterstützen können. Wir wissen, wenn die Eltern belastet sind, sind es auch die Kinder. Und wenn verschiedene Belastungen zusammenkommen, nimmt das Risiko für psychische und psychosomatische Auffälligkeiten zu.“
In der sogenannten COPSY-Studie (Corona und Psyche) erforschte das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) die Auswirkungen und Folgen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Online befragt wurden zwischen 26. Mai und 10. Juni 2020 über 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren und mehr als 1.500 Eltern. Im Mittelpunkt der COPSY-Studie standen Themen wie neben psychischer Gesundheit die Themen Lebensqualität und Gesundheitsverhalten sowie konkrete Fragen zu Schule, Familie und Freunden. Um herauszufinden, wie sich die Werte im Vergleich zu der Zeit vor Corona verändert haben, verglichen die UKE-Forscherinnen und -Forscher die aktuellen Werte mit früheren Daten bundesweiter Studien.
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