Wirtschaftsfaktor Karneval

Ob Fasching, Fastnacht oder Karneval – heute geht´s richtig los auf Deutschlands Straßen, in Sälen, Kneipen und natürlich im Fernsehen. Vier bis fünf Milliarden Euro werden mit der fünften Jahreszeit umgesetzt. Da staunt der durchschnittliche Faschingsmuffel! Der ist übrigens meist über 40, verheiratet/hat Familie oder lebt in einer Region, die traditionell Karneval-resistent ist. Etwa ein Drittel der Deutschen feiert Fasching aktiv, ein weiteres vor dem Fernseher, der Rest versucht das närrische Treiben so gut es geht zu ignorieren. Fasching hat zwar Fans bei Jung und Alt – erlebt wird die Zeit aber ganz unterschiedlich. Während die einen flirten und feiern, sitzen die anderen vorm Fernseher. 

Nur die traditionellen Umzüge sind auf beiden Stufen der Alterspyramide gleichermaßen beliebt. Ansonsten machen jüngere Karnevalisten eher Party, ältere sind dagegen auf traditionellen Prunksitzungen und Bällen anzutreffen oder gucken in die TV-Röhre (die natürlich längst keine mehr ist). Das Fernsehen tut sich schwer mit dem Fasching. Alle Karnevalsformate verlieren – vor allem bei jungen Zielgruppen – an Reichweite. Im vergangenen Jahr holte nur noch „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ mehr als sechs Millionen (vorwiegend ältere) Zuschauer. Stefan Raab scheiterte mit seiner „Großen TV Total Prunksitzung“ ebenso grandios, wie er sie angekündigt hatte. Eine Fortsetzung entfällt mangels Zuschauerinteresse. Die Entwicklung des Fernsehfaschings ist wenig verwunderlich: Nur 26 Prozent der 14- bis 29-Jährigen mögen Büttenredner (ohne die keine Sendung auskommt). Von den über 60-Jährigen schätzen dagegen 71 Prozent diese traditionelle Unterhaltungsform. Aus demografischer Sicht ist also fraglich, wie lange „Mainz bleibt Mainz“ noch lacht und ein Millionenpublikum vor der Mattscheibe schunkeln lässt.

Die Jungen treiben es eben lieber selber bunt als das bunte TV-Treiben zu beobachten. Verkleidung gehört dazu: Die beliebtesten Kostüme der Frauen sind in dieser Saison laut faschingskostuemeideen.com: Piratin, Marienkäfer, Matrosin, Rotkäppchen und Schneewittchen. Männer gehen gerne als Mönch, Römer, Sträfling, Ritter oder Wikinger. Flirten gehört für 59 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer zum Fasching dazu, mehr als die Hälfte der Männer und fast ein Drittel der Frauen haben in der närrischen Zeit schon „rumgeknutscht“. Tomorrow Focus Media hat 2012 außerdem herausgefunden, dass Mönch & Marienkäfer, Rotkäppchen & Ritter sich im Karneval durchaus noch näher kommen können: 31 Prozent der Männer und 5,6 Prozent der Frauen haben bei dieser Umfrage angegeben, im Fasching schon einen One-Night-Stand gehabt zu haben. Ob die große Diskrepanz der Geschlechter damit zu tun hat, dass die Männer sich ihre Erlebnisse schön trinken und die Frauen einen alkoholbedingten Black-out vorschützen, wurde im Rahmen der Umfrage nicht geklärt.

Sei es, wie es mag: Wer es nicht in den Faschings-/Fastnachts-/Karnevals-Hochburgen erlebt, wird das Phänomen der fünften Jahreszeit wohl nie begreifen. Faschingsmuffel können sich zumindest den Krapfen/Berliner schmecken lassen. Allen anderen ein lautes „Helau“ oder „Alaaf“!