Werbung? Ignorier´ ich einfach…

… diesen und ähnliche Sätze haben wir oft als erstes gehört, wenn wir Teenager und Twens auf das Thema ansprachen. So schlimm – aus Sicht der Werbungtreibenden – war es dann aber doch nicht. Wenn die Jugendliche sich warmgeredet hatten, fiel ihnen eine Menge zu Werbung ein. Wie sie wirkt, wo sie nervt oder gefällt – und wie eine Kampagne aussehen sollte, damit sie sich wirklich angesprochen fühlen.

Wir wissen, in welchem Alter wie viel ferngesehen, Radio gehört, in Zeitungen und Zeitschriften gelesen wird. Bekannt ist, dass ohne Internet kaum noch etwas geht, dass 98 Prozent der Jugendlichen ein Handy und rund 80 Prozent einen Facebook-Account haben. Und natürlich wird auch erforscht, was Jugendliche und junge Erwachsene von Kampagnen halten. Diese Ergebnisse aber verwahren werbungtreibende Unternehmen (als Auftraggeber der Studien) meist sorgfältig in ihren Tresoren. Da wir nicht die Panzerknacker sind – und uns Studien zu einzelnen Marken ohnehin nicht weiterhelfen – haben wir Teens und Twens einfach selbst gefragt, was sie von Werbung halten.

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Adriana (18), Maria (16), Lisa (18)

Am meisten nervt die 14- bis 23-Jährigen Werbung im Fernsehen. Besonders stört Unterbrecherwerbung in Filmen (Nico,15), „wenn die Werbeblöcke einfach zu lang sind“ (Adriana, 18) „immer wieder die gleichen Spots laufen“ (Georg, 15), oder gerade dann eingeblendet wird, „wenn es am spannendsten ist“ (Martina, 18).

Radiowerbung sticht nicht nur für Simone (21) aus dem Werbeallerlei heraus, „weil sie anders klingt als das Programm“. Sie geht auch Julia (18) und anderen besonders ins Ohr „vor allem, wenn wir mit dem Auto unterwegs sind“. Plakatwerbung fällt der mobilen jungen Zielgruppe (angenehm) auf – und Janina (17) und Alexandra (18) als erstes ein, wenn man sie auf Werbung anspricht. Laura (20) mag sie aus dem gleichen Grund wie Anzeigen in Zeitschriften, denn „die kann ich mir anschauen, muss es aber nicht“.

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Marcin (23) und Alexandra (20)

Im Internet werden – wie nicht anders zu erwarten war – Pop-ups generell als störend empfunden. An YouTube-Werbung hingegen scheiden sich die Geister. Für Marcin, 23, ist Werbung dort okay: „Da schaut man sich eher den ganzen Spot an, weil man danach auch etwas geboten bekommt“. Martina, 18, dagegen ärgert sich stets über YouTube-Werbung, „weil man gezwungen wird, sie anzuschauen“.

Ob freiwillig oder gezwungenermaßen konsumiert – Werbung wirkt. Während Jugendliche früher, in werbekritischeren Zeiten, allenfalls eingeräumt hätten, dass Werbung bei „der Masse“ auf Resonanz stoße, man selbst aber über den Dingen stehe, ist die junge Zielgruppe heute realistischer und sich sehr wohl bewusst, dass die Marketingmaßnahmen bei ihr wirken: „Werbung weist einen darauf hin, dass es etwas gibt. Und das will man dann auch“ (Janina, 17). Vor allem, wenn ohnehin ein Produktinteresse vorhanden ist: „Make-up oder Nagellack – wenn ein Star das benutzt, wird man neugierig“ (Maria, 16), oder „Shampoos zum Beispiel habe ich schon probiert – was ich ohne Werbung sicher nicht gemacht hätte“ (Laura, 20). Und Diana (18) nennt spontan noch einen weiteren, objektiveren Beleg für die Wirkung von Werbung: „Klar manipuliert Werbung. Das sieht man schon an der Musik. Die kommt oft in die Charts, nur weil sie in der Werbung ist. Egal, ob sie gut ist.“

Apropos Musik: Wer Werbung machen will, die in der Zielgruppe ankommt, für den ist sie das A und O – und schwierig in der Auswahl: „Werbung muss vor allem gute Mucke haben – Electro oder Dubstep“ (Marcin, 23). Alexandra (20), will es lieber „chillig, damit man gut drauf kommt“. Außerdem sollte junge Werbung, wenn es nach Laura (21) geht, „authentisch und alltagsbezogen sein“,  was in unserer Umfrage öfter gefordert wird. Auch Werbung mit Stars wird häufig positiv bewertet – „davon könnte es mehr geben“, meinen beispielsweise die 18-jährige Martina und der 14-jährige Thanasis. Und schon wieder wird es für Kreative kompliziert: Denn während Mädchen bei Testimonials eher an Pop-Stars denken, sind für Jungs Sportgrößen (allen voran Fußballer) die wahren Werbehelden.

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Simone (21 ) und Laura (20)

In einem aber sind sich Jungs und junge Männer, Mädchen und junge Frauen und damit die komplette Zielgruppe einig: Werbung soll überraschen. „Ein Spot sollte spannend anfangen“, fordert Laura (20). Und Julia (18) bringt mit Beispielen auf den Punkt, was mehrere der befragten Jugendlichen sagen: „In der Werbung sollte nicht so offensichtlich sein, was passieren wird. Wie bei Zalando oder bei der Otto-Werbung, wo die Frau mit dem Küken reinkommt und sich dann alle fragen: Wo hat sie nur dieses Kleid her?“

©Roland Röhrig