Hilfe, ich bin nomophob

Seuchenbeauftragte warnen vor zwei neuen, sich rasant ausbreitenden Epidemien: Nomophobie und MAIDS. Beide sind offenbar hochgradig ansteckend und grassieren überwiegend in jungen Zielgruppen. Als bekennender Hypochonder habe ich natürlich sofort die Symptome gegoogelt – und prompt an mir entdeckt. Erstes Symptom der Nomophobie ist, dass man sich „nackt“ fühlt, wenn man kein Handy dabei hat. Im zweiten Stadium folgen Schweißausbrüche und Angstzustände, falls der Akku leer, das Netz oder das Handy weg ist.

Puh – noch mal Glück gehabt! Ich bin erst in Stadium eins und vielleicht noch zu retten. Nomophobie steht übrigens für “No Mobile Phone-Phobia”, kurz: die Angst, nicht erreichbar zu sein. Auch die zweite Pandemie, MAIDS, ist offenbar ansteckend, wenn auch nicht durch Viren übertragbar; MAIDS heißt ausgeschrieben „Mobile and Internet Dependancy“, also Handy-/Internet-Abhängigkeit. Wie es um die Nomophobie in Deutschland bestellt ist, hat jetzt eine Umfrage unter 18- bis 25-Jährigen ergeben.

Rund 2000 Personen wurden befragt, überwiegend Studenten. Die Ergebnisse finden sich in der nichtrepräsentativen, aber breit angelegten Untersuchung „Smartphones und andere kulturelle Katastrophen – Nomophomie-Studie zur Lage der Nation“: Demnach verbringen die jungen Smartphone-Nutzer weit über drei Stunden pro Tag aktiv am Handy. Den alten Witz, dass man mit Smartphones auch telefonieren kann, nimmt die junge Zielgruppe eher ernst: Nur noch 13 Minuten wird konventionell kommuniziert. Übrigens haben lediglich acht Prozent der Befragten kein Smartphone und werden deshalb als Außenseiter von der Betrachtung ausgenommen. Den größten (Handy-)Zeitaufwand, mehr als eine Stunde, widmen die jungen Smartphoner Instant-Messaging-Diensten wie WhatsApp. Facebook und andere soziale Netzwerken werden eine Dreiviertelstunde lange genutzt, eine halbe Stunde surft man im Internet. Simsen ist mit knapp 13 Minuten ebenso out wie Telefonieren.

Insgesamt neigen sechs von zehn Befragten zur Nomophobie – ich befinde mich also in bester Gesellschaft, obwohl meine Symptome noch nicht so deutlich zutage treten wie bei den jungen Smartphone-Usern: Mehr als die Hälfte der 18- bis 25-Jährigen nämlich spürt gelegentlich ein „Phantom-Vibrieren“, auch wenn sich auf dem Handy nichts getan hat. Sicherheitshalber wird das Handy dauernd gecheckt: Ein Drittel schaut ein bis fünf Mal pro Stunde aufs Handy, ein weiteres Drittel sechs bis zehn Mal und das restliche Drittel noch häufiger.

Die Studie „Smartphones und andere kulturelle Katastrophen – Nomophobie-Studie zur Lage der Nation“ ist als E-Book erschienen. Die Autoren: Anke Burgstahler hat an Akademie der media, Stuttgart, ihre Bachelor-Arbeit zum Thema vorgelegt. Dr. Torsten Ambs hat 2001 die Agentur mind store marketing gegründet. Katharina Schmied ist dort Mitglied der Geschäftsleitung.

 

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