Mehrheit der jungen Menschen will zur Impfung

60 Prozent der 14- bis 29-Jährigen wollen sich impfen lassen, 18 Prozent stehen der Corona-Impfung ablehnend gegenüber. Die größten Belastung durch die Corona-Pandemie für junge Menschen: 53 Prozent geben an, dass sich ihre psychische Gesundheit verschlechtert habe. 48 Prozent haben das Gefühl, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der zweite Sonderauswertung der Studie Junge Deutsche 2021, die heute veröffentlicht wurde.

Auch nach 15 Monaten Corona-Ausnahmezustand zeigt die große Mehrheit der jungen Generation ein hohes Ausmaß an Solidarität und Bereitschaft, die Schutzregeln während der Pandemie einzuhalten. Im Vergleich der repräsentativen Befragung von Herbst 2020 zum Sommer 2021 hat die Bereitschaft unter 14- bis 29-Jährigen, die AHA-Regeln einzuhalten, um sieben Punkte von 73 auf 66 Prozent nachgelassen. Auch die Bereitschaft, sich gegenüber Gleichaltrigen und Familienmitgliedern rücksichtsvoll zu verhalten, ist von 69 auf 61 Prozent gesunken (die Entwicklung zeigt das Chart (s. u.).

Eine Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist bereit, sich sofort impfen zu lassen und sieht mit großer Irritation, an das Ende der Prioritätenliste gestellt zu werden. Insgesamt sind laut den Autoren Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, alias „Generation Reset“, dieser Studie zufolge am Ende ihrer Geduld. Die Unzufriedenheit mit den Entscheidungen der Politik ist hoch.

„Der Rückgang an Disziplin ist kein Zeichen von abnehmender Solidarität, sondern ein Hilferuf“, sagt Studienleiter Simon Schnetzer: „Jugendliche wägen das Risiko von Regelverstößen gegen psychische Schäden ab, um endlich wieder Spaß im Leben zu haben“. Die Erwartungshaltung an die Politik ist der Studie zufolge eindeutig: Jugendliche lehnen pauschale Verbote ab und wünschen sich nachvollziehbare und auf die jeweilige Situation bezogene Vereinbarungen, an denen sie beteiligt werden. Sie bewerten auch die Rangfolge beim Impfen skeptisch. „Sie sehen mit großer Irritation, dass ältere Bevölkerungsgruppen ihr Alltagsleben bereits wieder normal gestalten können und empfinden die Rechte für Geimpfte als große Ungerechtigkeit, solange sie kein Impfangebot bekommen haben“, so Mit-Autor Klaus Hurrelmann.

Die größte Belastung durch die Corona-Pandemie erleben junge Menschen dadurch, dass sich für mehr als die Hälfte die psychische Gesundheit verschlechtert hat und knapp die Hälfte das Gefühl hat, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Die Zielgruppenanalysen zeigen, dass Jugendliche und Studierende darunter leiden, dass Schulen und Hochschulen keine geeigneten Strukturen für den Digitalunterricht angeboten haben. Das Gefühl, die wichtigsten Parameter für die Gestaltung des eigenen Lebens nicht mehr selbst in der Hand zu haben, führt zu einer hohen Belastung im psychischen Wohlbefinden.

Das geht anschaulich aus den Interviews mit den Studienteilnehmern hervor. So berichtet eine 16-jährige Schülerin, dass sie sich vor drei Wochen in psychische Behandlung begeben musste. Ein 21-jähriger Angestellter fühlt sich gefangen in seinem Leben, weil ein Tag dem anderen gleicht. Eine 23-jährige Auszubildende leidet unter Burn-out-Symptomen, weil sie ihren Stress nicht wie sonst im Fitnessstudio abbauen kann. Eine 27-jährige Arbeitslose leidet an Depressionen wegen der erschwerten finanziellen und beruflichen Lage.

Angesichts der hohen Impfbereitschaft (s.o.) ist es für die junge Generation schwer zu ertragen, bei Schutzimpfungen gegen das Corona-Virus an letzter Stelle der Prioritäten zu stehen. Sie möchten endlich ihre Freiheitsrechte zurückerlangen. Daher sei es, so die Forscher,  wenig überraschend, dass nur 29 Prozent Freiheiten für Geimpfte befürworten, 71 Prozent diese kritisch sehen oder sie ablehnen.

Die befragten 14- bis 29-Jährigen erwarten jetzt konkrete Entscheidungen, wie sie ihre Freiheiten schrittweise zurückgewinnen können und in die Impfangebote einbezogen werden. Nach Einschätzung der Autoren sollten alle diese Entscheidungen nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg gefällt, sondern möglichst mit ihrer direkten Beteiligung beraten und beschlossen werden. Die Jugend brauche jetzt ein deutliches Signal, dass ihre schwierige Situation politisch beachtet wird. Ansonsten sei mit Protesten und politischer Unzufriedenheit zu rechnen.

Zur Einschätzung der Corona-Lage 2020 sprach Jugendforscher Simon Schnetzer im jugendvonheute-Interview 2020.

Zur Studie
Die Studie Jugend und Corona in Deutschland kann zum Preis von 19 € (zzgl. MwSt.) angefordert werden. Sie erscheint im Rahmen der Studienreihe Junge Deutsche basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von 14 bis 29 Jahren. Insgesamt wurden für die Studie 1.011 junge Menschen befragt. Inhaltlich und methodisch wird die Sonderstudie von Simon Schnetzer geleitet und von Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Hurrelmann beraten. Die Quotierungen für die Repräsentativität wurden vom Institut für Demoskopie Allensbach erstellt. Die Befragung wurde vom 13. bis 19. Mai 2021 von der Respondi AG durchgeführt.

Junge Menschen in Deutschland sagen aus, dass sie die Corona-Pandemie ihr Leben stark beeinflusst. Quelle: ots / www.jungedeutsche.de