Jugendsprache – ein Crashkurs

Von Jugendsprache habe ich „kP“ (keinen Plan). Ist ja auch „kD“ (kein Ding), wenn man ü-30 ist und manches nicht mehr rallt (versteht). Aber man will ja weder Nullchecker noch Noob sein, geschweige denn Vollsocke oder Volllampe. Also lerne ich eine weitere Fremdsprache: JUGENDLISCH. Gefühlte zwei Wochen bei Google und vier Bücher später kann ich nahezu perfekt glöken (Jugendsprache sprechen). Wie das geht, zeigt ein Crashkurs in fünf Lektionen.

Lektion 1
Kaufen Sie sich diverse Wörterbücher zum Thema und pauken Sie drei Wochen Vokabeln, um die Klappentexte zu kapieren.
Kostprobe: „Voll fett, voll krass oder voll porno – schon verkackt, wenn man da null riffelt (…) Drum rapido dieses ultrareale Leseteil abkrallen“ (aus „Endgeil, das voll korrekte Lexikon der Jugendsprache“, Verlag C.H. Beck). Oder, aus dem Langenscheidt-Werk mit dem schönen Titel „HÄ?? Jugendsprache unplugged 2013“: „Bist du ein Blowmo? (…) Dieterst du rum oder machst du einen auf cremig?“ Übersetzung: Bist du ein Angeber? Lästerst du oder machst du einen auf locker?

Lektion 2
Jugendlisch ist zum Teil eng verwandt mit dem Denglischen
. Die Ursachen dafür gehen auf die Zeit der Völkerwanderung ins Internet zurück. Langenscheidts Jugendwort des Jahres 2012 war Yolo (You only live once), 2011 war es Swag (sinngemäß: beneidenswerte, lässig-coole Ausstrahlung). Die Wahl der diesjährigen Favoriten läuft gerade unter www.jugendwort.de.

Lektion 3
Jugendlisch entwickelt sich rasant.
So wird den Ü-Vierzigern manche Neuentdeckung wohl recht bekannt vorkommen. Man hängt nicht mehr rum und ab, sondern gammelt. Statt zu erklären verdeutscht man wieder. Der schnelle Wandel des Vokabulars führt  überdies dazu, dass Langenscheidt oder Pons mittlerweile jährlich neue Wörterbücher zum Thema auf den Markt werfen und dabei manchmal selbst nicht mehr mitkommen. So steht im Pons Wörterbuch zwar nachzulesen, dass „cool“ nicht mehr „cool“ ist,– sinnigerweise aber in einer Liste mit der Überschrift „Uncoole Wörter 2012“. Wenn Sie etwa 500 Wörter weitgehend fehlerfrei von Deutsch in „Jugendlisch“ und zurück übersetzen können, stehen Ihre Chancen gut, dass ein Drittel der Begriffe überholt ist und Sie von vorne anfangen dürfen.

Lektion 4
Geben Sie einem Jugendlichen Ihrer Wahl die Klappentexte der Wörterbücher zu lesen.
Oder fragen Sie ihn nach ein paar Vokabeln daraus. Die Reaktionen werden schwanken zwischen „Was-soll-der-Scheiß“, „So-spricht-doch-kein-Mensch“ und schallendem Gelächter – so meine Erfahrungen. Die Lektüre von Wörterbüchern für Jugendsprache ist für Jugendliche ebenso amüsant wie für Erwachsene und fast genauso überraschend. Die Verfasser müssen so ein Wörterbuch schließlich füllen und nehmen im Zweifelsfall dankbar jeden Vorschlag auf, der online eingereicht wird – so ausgefallen er auch sein mag. Mit der Jugendsprache ist es ein bisschen wie mit Esperanto: Man hört gelegentlich davon, es klingt lustig und außer einigen Sprachwissenschaftlern hat kein Mensch einen nennenswerten Wortschatz parat. Während in den 80er Jahren ein „geil“ genügte, um Eltern „von der Schippe zu wuchten“, also zu schockieren, braucht es heute schon das gern genommene „Fick dich“. Das vermeintlich weniger drastische „Fuck you“ ist dagegen etwas aus der Mode gekommen. Auf den Schulhöfen gibt es nach wie vor Unglückliche, die von ihren Mitschülern drangsaliert werden, nur heißen die heute Opfer oder Mopfer (Mobbing-Opfer) und werden gedisst. Das Prinzip ändert sich nicht: Jugendliche nutzen Sprache, um sich von Erwachsenen anzugrenzen. Deshalb:

Lektion 5
Nutzen Sie nie, nie, niemals Jugendsprache, wenn Sie über 25 sind.
Und schon gar nicht, wenn Sie Werber sind. Wenn Erwachsene glöken, ist das echt peino. Falls Sie verstehen, was ich meine.