Wer sein Studium anno dunnemals in verstaubten Bibliotheken verbracht hat, geht selbstverständlich davon aus, dass Studenten an der Uni heute alle digitale Optionen nutzen. Sind ja schließlich Digital Natives, oder? Im Prinzip ja. Im Studium nein. Die private Nutzung digitaler Medien überträgt sich nicht zwangsläufig in den Hochschulalltag. Die Mehrheit nutzt das breite Spektrum der digitalen Möglichkeiten des Studium keineswegs! Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung Lernen mit digitalen Medien aus Studierendenperspektive des CHE Centrum für Hochschulentwicklung im Rahmen des Hochschulforums Digitalisierung.
Nur etwa ein Fünftel der Studierenden in Deutschland (21 Prozent) nutzt im Studium die gesamte Bandbreite digitaler Medien – neben digitalen Prüfungen etwa auch soziale Kommunikationstools wie Blogs oder neuartige Formate wie Lernspiele. Um den Grad des Einsatzes digitaler Medien im Studium zu charakterisieren, unterscheiden die Autoren der Studie, deren Fragebogen rund 27.000 Studenten beantworteten, vier Anwendertypen. Dies sind – von konservativ bis innovativ – PDF-Nutzer, E-Prüflinge, Videolernende und Digitale Allrounder.
Die größte Gruppe (30 Prozent) sind die eher altmodischen PDF-Nutzer. Sie arbeiten nach wie vor überwiegend mit klassischen digitalen Medien, also mit PDF-Dokumenten oder Power-Point-Präsentationen und kommunizieren per E-Mail. Ihr Anteil unter den untersuchten Fächern ist mit 56 Prozent in den Pflegewissenschaften besonders hoch. Jeder vierte Studierende in Deutschland kann hingegen der Kategorie der E-Prüflinge zugeordnet werden. Sie nutzen im Verlauf ihres Studiums auch E-Assessment-Formate und legen digitale Prüfungen ab. Ihr Anteil ist in der Medizin (47 Prozent) und der Zahnmedizin (35 Prozent) aufgrund der standardisierten Prüfungen überdurchschnittlich hoch.
Die dritte Nutzergruppe sind die Videolernenden mit 23 Prozent. Während beispielsweise in der Zahnmedizin nur zwölf Prozent Videolernende vertreten sind, weist diese Gruppe in der Informatik mit 34 Prozent einen besonders hohen Anteil auf. Auch die Digitalen Allrounder sind in diesem Fach (31 Prozent) weit stärker vertreten als im fächerübergreifenden Durchschnitt (21 Prozent). Hier bestimmt wohl das Angebot die Nachfrage, wie Julius-David Friedrich, einer der Autoren der Studie, verdeutlicht: „Die weit verbreitete private Nutzung digitaler Medien übersetzt sich nicht zwangsläufig in den Hochschulalltag. Nur wo digitale Medien einen obligatorischen Bestandteil des Lernprozesses ausmachen, ist die Verbreitung bereits heute hoch.“
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Nutzung digitaler Medien in einem Fach differiert deutlich zwischen den Hochschulen. Lernen mit digitalen Medien aus Studierendenperspektive ist die erste Studie, die flächendeckend aufzeigt, welche digitalen Medien Studierende in Deutschland für ihr Studium nutzen. Dafür konnten die Autoren auf die Rückmeldungen von knapp 27.500 Studierenden und 153 Hochschulen zurückgreifen, die die Basis des CHE Hochschulrankings 2014/2015 bilden. Untersucht wurden Geografie, Geowissenschaften, Informatik, Mathematik, Medizin, Pflegewissenschaft, Pharmazie, Physik, Politikwissenschaft, Sport und Zahnmedizin.
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