Das Internet macht die junge Zielgruppe glücklich …

… sagen jedenfalls mehr als zwei Drittel der 14- bis 24-Jährigen in Deutschland. Und: 47 Prozent der befragten Digital Natives kennen den Begriff „Digital Native“ überhaupt nicht – klingt wie ein Aprilscherz im November, ist es aber nicht. Für seriösere Ergebnisse der DIVSI U25-Studie, die heute in Berlin präsentiert wurde, bitte.„Das Internet ist für Jugendliche und junge Erwachsene Fluch und Segen zugleich. Sie verbinden mit dem Internet zwar hauptsächlich Chancen, aber sie sehen verstärkt auch Risiken – wie persönliche Angriffe, Falschinformationen, eine zunehmende Komplexität und fehlendes technisches Verständnis. Gruppendruck und Überforderung erzeugen zusätzliches Unbehagen.“ So fasst das DIVSI (Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet) die Ergebnisse seiner U25-Studie zusammen.

So sind für die überwiegende Mehrheit der Befragten digitale Infrastrukturen und Angebote unverzichtbar, weil sie den Zugang zu Informationen erheblich erleichtern, ehemals mühsame Vorgänge beschleunigen und zu Neuem inspirieren. 68 Prozent können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen (2014: 73 Prozent). Das Netz ist aus der Sicht junger Menschen vor allem eins: praktisch; 69 Prozent sagen sogar, dass es sie glücklich macht.

Die Omnipräsenz der digitalen Welt wird jedoch nicht nur positiv erlebt: 64 Prozent haben das Gefühl, im Internet Zeit zu verschwenden; 19 Prozent meinen gar, dass das Internet „nervt“.

Wer in Deutschland lebt und zwischen 14 und 24 Jahren alt ist, besitzt Smartphone (99,8 Prozent).  Nur sieben Prozent von ihnen steht kein mobiles Datenvolumen für die Internetnutzung zur Verfügung.

Risiken und Nebenwirkungen des Internets
werden viel ernster genommen als 2014
An die Sicherheit persönlicher Daten im Internet glauben nur noch 30 Prozent der jungen Generation. Dr. Silke Borgstedt, Direktorin Sozialforschung und Studienleiterin beim durchführenden SINUS-Institut: „Der Vergleich zu den Studienergebnissen aus 2014 zeigt, dass junge Menschen heute deutlich mehr Risiken bei der Nutzung des Internets wahrnehmen als noch vor vier Jahren.“

Viele junge Menschen stellen zudem eine starke „Verrohung“ der Umgangsweisen im Netz fest und verhalten sich entsprechend vorsichtig und zurückhaltend. Zwei Drittel der 14- bis 24-Jährigen nehmen das Internet als Raum wahr, in dem diejenigen, die sich äußern, damit rechnen müssen, beleidigt oder beschimpft zu werden. Für 38 Prozent ist diese wahrgenommene „Beleidigungskultur“ ein Grund, auf die Äußerung der eigenen Meinung im Internet zu verzichten.

Joanna Schmölz, stellvertretende DIVSI-Direktorin, unterstreicht: „Wir müssen uns schon fragen, was es über den Zustand unserer demokratischen Gesellschaft aussagt, wenn junge Menschen ausgerechnet in dem für sie wichtigsten Raum des Austausches aus Angst vor Beleidigungen und ‚Shitstorms‘ aufhören, ihre Meinung zu äußern.“

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey nennt die Studienergebnisse „ernüchternd“: „Wenn junge Menschen sich im Internet nicht einmal mehr trauen, ihre Meinung frei zu äußern, dann ist das ein erschreckendes Signal. Sie brauchen Unterstützung und Begleitung, damit sie das Netz unbeschwert nutzen können. Und wir brauchen ein modernes Jugendmedienschutzgesetz, das Teilhabe, Befähigung und Schutz zugleich sichert. Daran arbeiten wir gerade.“

 

Fast die Hälfte der jungen Zielgruppe fürchtet
die Veröffentlichung peinlicher oder intimer Post

Gegenüber 2014 deutlich gestiegen ist die Angst vor der Veröffentlichung peinlicher oder intimer Posts (um 18 Prozentpunkte) auf 46 Prozent der Befragten. Auch das Thema Fake-Profile beunruhigt: 44 Prozent nehmen Fake-Profile als eines der größten persönlichen Risiken im Netz wahr. 2014 waren es nur 28 Prozent,

Weit verbreitet ist auch die Sorge davor, „internetsüchtig“ zu sein oder zu werden. Jüngere zwischen 14 und 17 Jahren sehen das Problem etwas akuter (30 Prozent) als die Älteren zwischen 18 und 24 Jahren (26 Prozent). Damit nimmt knapp ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen das eigene Nutzungsverhalten bereits als problematisch war. Fast die Hälfte der Befragten wünscht sich, dass man in Zukunft weniger online ist.

Durch die „DIVSI U25-Studie: Euphorie war gestern“  zu blättern, lohnt sich auch wegen der O-Töne der jungen Zielgruppe, die die Forscher des Sinus-Instituts zu den verschiedenen Internet-Themen gesammelt haben (und natürlich gibt es auch eine Sinus-Typologie der jungen Internetnutzer).

Die Studie basiert zum einen aus einer qualitativen Vorerhebung mit zehn Fokusgruppen. Auf Basis der Befunde der qualitativen Erhebung erfolgte die inhaltliche Gestaltung der quantitativen Befragung. Insgesamt wurden 1.730 Jugendliche und junge Erwachsene zum Teil telefonisch zum Teil persönlich befragt.

 

Familienministerin Franziska Giffey bei der Präsentation der DIVSI -U25-Studie.
Pressefoto: Stefan Seitz für DIVSI