„Facebook hat Probleme, bei Teenagern zu punkten. Aber wo das Netzwerk Facebook versagt, ist das Unternehmen Facebook erfolgreich,“ sagt Dr. Roland Heintze: „Schließlich gehören WhatsApp und Instagram inzwischen ebenfalls zur Facebook-Gruppe.“ Der PR-Profi, Social-Media-Experte und Geschäftsführende Gesellschafter der Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor analysiert für jugendvonheute.de die Ergebnisse des Social-Media-Atlas* – vor allem im Hinblick auf die Nutzung junger Zielgruppen.
Ganz spontan – wie stellen Sie sich typische Social-Media-Nutzer unter 20 vor? Bildungsferne Eigenbrötler, die den ganzen Tag nix als Facebook vor der Nase haben? Wenn ja, dann muss ich Ihre Illusionen jetzt leider zerstören. Denn dieses Klischee hält harten Fakten nicht stand. Die sehen nämlich so aus:
– Normaler geht’s kaum: 94 Prozent der 14 bis 19-Jährigen Onliner nutzen Soziale Medien
– Doch Facebook findet bei Teenagern vergleichsweise wenig Anklang – der Social-Media-Dino ist sogar bei 30 bis 39-Jährigen beliebter
– Die Top 3 der Sozialen Medien unter Teenagern sind hingegen: YouTube, WhatsApp, Instagram
– Und: Je höher die Schulbildung, umso mehr werden Soziale Medien genutzt!
Das sind Erkenntnisse aus dem aktuellen Social-Media-Atlas. Für diese Studie hat das Marktforschungsinstitut Toluna im Auftrag des Faktenkontors in Kooperation mit dem IMWF – Institut für Management- und Wirtschaftsforschung in einer repräsentativen Erhebung 3.500 Internetnutzer ab 14 Jahren zu ihrer Social-Media-Nutzung befragt.
Erstes Ergebnis: 76 Prozent der Bundesbürger, die über einen Internet-Zugang verfügen, nutzen Soziale Medien wie YouTube, Facebook, Twitter und Co. Vor allem junge Leute schwören auf Social Media: Unter den Onlinern zwischen 14 und 19 sowie 20 und 29 Jahren verwenden sie je 94 Prozent. Ab 30 gilt: Je älter die Internet-Nutzer, umso weniger beschäftigen sie sich mit dem Web 2.0. Weniger heißt dabei nicht wenig: Selbst unter den „Silver Surfern“ ab 60 Jahren nutzt mit 55 Prozent die Mehrheit Social Media.
Für die jungen Nutzer besonders wichtig: Das Web 2.0 immer in der Tasche haben. 90 Prozent der 14 bis 19-jährigen Onliner und 89 Prozent der 20 bis 29-jährigen greifen mit mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets auf das Social Web zu.
Facebook: Ein Social-Media-Altersheim – mit angeschlossenem Kindergarten
Während im Gesamttrend für die Nutzung Sozialer Medien gilt „Je jünger, desto mehr“, zeigen sich bei der Betrachtung der einzelnen Kanäle jedoch deutliche Unterschiede. Besonders auffällig ist dies bei Facebook: Wie früher gewitzelt, meiden Teenager jetzt tatsächlich stark das Netzwerk, in dem sich auch ihre Eltern und Großeltern tummeln.
Auf den ersten Blick sieht noch alles gut aus: In Deutschland nutzen immerhin noch 67 Prozent der 14 bis 19-Jährigen mit Internet-Zugang Facebook. Klingt nach viel. Doch für die Mutter aller Sozialen Netzwerke ist das ein verdammt schlechter Wert. Denn über alle Altersgruppen hinweg ist Facebook nach YouTube zumindest noch das am zweithäufigsten genutzte Soziale Medium in Deutschland. Doch unter den Teenagern landet das Freunde-Netzwerk nur auf Platz vier. Abgehängt wird es in dieser Altersgruppe von YouTube (92 Prozent), WhatsApp (89 Prozent) und Instagram (71 Prozent).
Und: Während YouTube, WhatsApp, Instagram, Snapchat, Pinterest, Twitter und Tumblr in keiner Altersgruppe stärker verbreitet sind als unter den 14 bis 19-Jährigen, hat Facebook mit einer Durchdringung von 88 Prozent seinen Schwerpunkt inzwischen bei den 20 bis 29-Jährigen. Selbst unter 30 bis 39-Jährigen ist Facebook mit 74 Prozent beliebter als unter Teenagern. Nur in einer einzigen Altersgruppe ist Facebook noch immer die Nummer eins unter den Sozialen Medien: Bei den über 60-Jährigen. Zwar nutzen „nur“ 47 Prozent dieser Silver Surfer Zuckerbergs Netzwerk – aber kein anderer Web-2.0-Dienst ist in dieser Altersgruppe stärker verbreitet. YouTube bringt es auf 41, alle anderen nicht einmal auf 30 Prozent.
Wohlgemerkt: Das Netzwerk Facebook hat Probleme, bei Teenagern zu punkten. Aber wo das Netzwerk Facebook versagt, ist das Unternehmen Facebook erfolgreich. Denn WhatsApp und Instagram gehören inzwischen ebenfalls zur Facebook-Gruppe.
Das Netzwerk Facebook ist – leicht überspitzt ausgedrückt – inzwischen das Altenheim unter den Sozialen Medien. Mit etwas Kosmetik wird das nicht interessant für Jüngere. WhatsApp und Instagram als separate Angebote treffen hingegen die Bedürfnisse der Teenager. Um im Bild zu bleiben: Ins Altenheim lassen sich die Jüngsten nicht locken – aber im angeschlossenen Kindergarten fühlen sie sich wohl.
Social-Media-Nutzung unter Abiturienten um 13 Prozentpunkte höher als unter Hauptschulabsolventen
Betrachtet man die Web-2.0-Affinität in Abhängigkeit vom höchsten Schulabschluss, zeigt sich: Je höher die Schulbildung, umso mehr werden Soziale Medien genutzt.
83 Prozent derjenigen, die eine allgemeine oder Fachhochschulreife als höchsten Abschluss in der Tasche haben, nutzen Social Media. Unter Realschulabsolventen sind hingegen mit 73 Prozent weniger als drei von vieren im Social Web unterwegs. Bei Hauptschulabsolventen sind es noch weniger: Lediglich 70 Prozent nutzen Social Media. Sie liegen also sechs Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt und sogar 13 Prozentpunkte hinter den Internet-Nutzern mit Hochschulreife.
Dieser Trend zeigt sich nicht nur bei der Betrachtung des Web 2.0 insgesamt, sondern bei jedem einzelnen im Rahmen der Studie untersuchten Dienste. So nutzen zum Beispiel Abiturienten zu 77 Prozent YouTube und zu 72 Prozent Facebook. Unter Realschulabsolventen sind es 65 und 64 Prozent, unter Internet-Nutzern mit Hauptschul-Abschluss nur 59 und 58 Prozent. Auch bei geringer verbreiteten Sozialen Medien ist die Situation vergleichbar. So wird der Videodienst Vimeo von zehn Prozent der Hochschulreifen genutzt, aber nur von sechs Prozent der Onliner mit mittlerer Reife und sogar nur von zwei Prozent der Hauptschulabsolventen. Beim Börsen-Frischling Snapchat liegen die respektiven Quoten bei 21, 13 und sechs Prozent.
Die Vorteile des Web 2.0 werden also von den Bildungsbürgern deutlich stärker genutzt als den Bildungsferneren. Das birgt sozialen Sprengstoff: Social Media können so die Spaltung in der Wissensgesellschaft weiter vorantreiben. Es droht eine neue „Digital Divide“: Wer mit dem Web 2.0 vertraut ist, gehört dazu, wer nicht, wird abgehängt.
* Über den Social-Media-Atlas:
Der Social-Media-Atlas erfasst seit 2011 jährlich auf Basis einer repräsentativen Umfrage die Nutzung Sozialer Medien in Deutschland und dient Unternehmen als Grundlage zur strategischen Planung ihrer Social-Media-Aktivitäten. Die Studie liefert unter anderem belastbare Fakten darüber, welche Dienste im Web 2.0 von wem wie intensiv genutzt werden, welche Themen auf welchen Kanälen diskutiert werden und in wie weit Soziale Medien Kaufentscheidungen beeinflussen. Der Social-Media-Atlas wird von der Beratungsgesellschaft Faktenkontor und dem Marktforscher Toluna in Kooperation mit dem IMWF – Institut für Management- und Wirtschaftsforschung herausgegeben.
Für den aktuellen „Social-Media-Atlas 2016/2017“ wurden 3.500 nach Alter, Geschlecht und Bundesland repräsentative Internetnutzer ab 14 Jahren in Form eines Online-Panels zu ihrer Social-Media-Nutzung befragt. Erhebungszeitraum war das vierte Quartal 2016. Die Ergebnisse sind auf ganze Zahlen gerundet. Die komplette Studie mit allen Ergebnissen kann unter http://www.faktenkontor.de/faktenkontor-studien/ gegen eine Schutzgebühr von 360,- Euro zzgl. MwSt. bestellt werden.
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