„Gebt den Kindern das Kommando…“

Dr. Florian Feltes* stellt in seinem Expertenbeitrag spannende Ergebnisse einer Studie** zum Führungsverhalten der Generation Y vor.

1986 veröffentlichte Herbert Grönemeyer das Lied „Kinder an die Macht“. Nun ist Grönemeyer wahrlich kein Futurist, Zukunftsforscher oder Managementdenker, jedoch hat er mit seinem Lied den Nerv der Zeit, den Nerv der damals geborenen und heute in Führungspositionen angekommenen jungen Erwachsenen getroffen.

Was Grönemeyer leider nicht berücksichtigte, als er forderte „Gebt den Kindern das Kommando“, war, dass diejenigen die das Kommando in den Firmen bisher hatten, gar nicht so gerne loslassen. Bloß kein Macht- oder Statusverlust! Bloß nicht über Jahre gewachsene, hart erkämpfte Strukturen einreißen. Denn die Kinder von damals, die heutige GenY, „sie sind die wahren Anarchisten, lieben das Chaos, räumen ab, kennen keine Rechte, keine Pflichten, noch ungebeugte Kraft, massenhaft, ungestümer Stolz…“. Sie ticken, was Führung von Mitarbeitern betrifft, schon anders, als vorherige Generationen. Daher ist der Ruf nach Veränderung im Unternehmenskontext aktueller denn je.

Es zeigt sich, dass in den zahlreichen Studien, Veröffentlichungen, Kommentaren und Diskussionen über die Generation Y in den meisten Fällen übereinander, statt miteinander gesprochen wird. So entstehen Bilder, die vielleicht nur bedingt haltbar und zutreffend sind. Aber vor allem: sie beschäftigen sich mit der GenY in der Position und der Perspektive der Mitarbeiter.

Und um hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen, beschäftigte sich meine Studie mit der Universität Luxemburg und Prof. Charles Max nicht mit der Frage, wie die GenY geführt werden sollte, sondern damit, wie die GenY selbst führt, und welchen Einfluss Social Media auf deren Führungsverhalten hat. Zu diesem Zweck wurden 25 qualitative Interviews geführt und anschließend 1.028 Führungskräfte und Mitarbeiter aus Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern online befragt.

Trends der Studie:

  1. GenY-Führungskräfte weisen unterschiedliche Kombinationen aus den Führungsstilen „aufgabenbezogen“, „personenbezogen“, „transaktional“ und „transformational“ auf.
  1. Aufgrund der aktuellen Verteilung innerhalb der Managementebenen führen sie besonders häufig transaktional in der Kombination mit ausgeprägter Social-Software-Nutzung, was auf eine hohe Ergebnisorientierung schließen lässt.
  1. Eine stärkere transformationale Führung ist diesen Führungskräften aufgrund der Kontextfaktoren (u.a. Managementebene) nicht möglich, da sie sich häufig in der Sandwichposition befinden.
  1. Der Wunsch nach einem völligen Wegfall von Hierarchien kann für die GenY nicht beobachtet werden. Sie führt mit klaren Verantwortungs- und Entscheidungsbereichen, wodurch schwach hierarchische Strukturen, klare Aufgabenbereiche bestehen bleiben. Trotz der veränderten Zusammenarbeit und Kommunikation durch Social Media bleiben hierarchische Strukturen in den Unternehmen bestehen, jedoch in stark abgeschwächter Form. Mitglieder in Teams, deren Führungskräfte eine virtuelle Basis zur Kollaboration nutzen, zeigen zudem mehr Autonomie in ihren Entscheidungen.

Die vier Merkmale, die den Führungsstil der Gen Y auszeichnen:

– ausgeprägte Ergebnis- und Zielorientierung;

– häufiges Geben und Einfordern von Feedback;

– flache Hierarchien und

– eine starke Teamorientierung.

2020 werden mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer in Deutschland genau den von Grönemeyer genannten Kindern, aus der Generation Y stammen. Diese Generation ist von frühesten Tagen an Teil der gesellschaftlichen Pioniergruppe, die sich auf den Weg gemacht hat von: „analog, offline, hierarchisch strukturiert, einem Machtverhältnis von Produzenten zu Konsumenten“ hin zu: „digital, online, flexibel und einer Verschiebung des Machtverhältnisses zugunsten der Konsumenten“.

Passend dazu beschäftigen sich drei von vier Unternehmen aktuell mit dem technologischen Wandel und damit verbunden der fortschreitenden Digitalisierung. Diese Change-Prozesse sind jedoch in erster Linie abhängig von der Akzeptanz der Mitarbeiter. Wie bereits erwähnt, sind es besonders die Generation Y und die nachfolgende Generation Z, für die digitale Anwendungen die größte Rolle spielen und die Akzeptanz dafür am höchsten ist.

Mit Blick auf die Studienergebnisse kann die Generation Y eigentlich einen erheblichen Anteil zur Lösung der Herausforderungen der Unternehmen liefern. Die erwähnten Forderungen vieler Unternehmen nach Flexibilität, flachen Hierarchien, Führungsverantwortung, schnellem und konstruktivem Feedback, Teamarbeit und dem Einsatz von Social Media in allen Bereichen spiegeln sich im Führungsverhalten der GenY-Führungskräfte so wieder… wenn sie denn dürfen.

Mit Blick auf die Praxis ist zu hoffen, dass Unternehmen den Dialog mit den jungen Führungskräften suchen und deren Führungsverhalten und Social-Media-Nutzungsverhalten als Evolution, nicht als Revolution, verstehen und entsprechend nutzen. Also: „Gebt den Kindern das Kommando, denn sie wissen, was sie tun“, würde Grönemeyer heute sicherlich auch so sehen.

 

*Dr. Florian Feltes, Digital Native und Teil der Generation Y, beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit generations- und technologiebedingten Transformationsprozessen in der Führung und Organisationsentwicklung. Er promovierte bei Prof. Charles Max, Universität Luxemburg. Neben seinen Workshops und Vorträgen, betreut er für Hyper Island, dem „Digital Harvard“, Masterstudenten bei ihren Industrial Research Projects und ist als Mentor für Seedstars, dem größten Start-up-Wettbewerb in Emerging Markets, aktiv. In einem seiner aktuellen Projekte, YMAZING, liefert er zusammen mit anderen Vertretern*innen der Gen Y und Gen Z aus der ganzen Welt Input für die Arbeit von morgen.

** Führt die Generation Why anders? Das unter diesem Titel erschienene Whitepaper stellt die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Universität Luxemburg und der Buhr & Team Akademie vor, enthält zusätzlich eine Einschätzung von Führungsexperte Andreas Buhr und gibt Empfehlungen für die Praxis.