Gefühlte Wahrheit bei der Wahlberichterstattung

Wer die Wahlberichterstattung der Fernsehsender verfolgte, hatte den Eindruck, dass Deutschland ein Twitterland sei und die Bundestagswahl das spannendste Tweet-Thema aller Zeiten. Immer wieder wurden in den Wahlsendungen Tweets eingeblendet – ist ja auch so schön praktisch: maximal 140 Zeichen, oft provokant und für die Sender kostenlos.

Der Kurznachrichtendienst zählte am Wahlsonntag mehr als 350 000 Nachrichten rund um die Wahl (zum Beispiel unter den Hashtags #btw13, #gehwählen oder unter den Namen der Spitzenkandidaten und Parteien). Als die erste Hochrechnung um 18.20 Uhr bekannt gegeben wurde, überschlug sich der Dienst mit 1424 Tweets pro Minute, berichtete die ARD. Die Zahlen klingen beeindruckend, sind es aber nicht: Zum Finale der Champions League gab es 4,8 Millionen Tweets, rund 13 Mal so viele wie zur Bundestagswahl. Ball im Kasten ist für die Twitter-Gemeinde eben interessanter als Kreuzchen im Kästchen. Wohl ein Grund dafür, dass Michael Handfeld in der FAZ die Twitter-Euphorie der TV-Sender genüsslich auseinandergenommen hat.