Online durch die Pubertät

Schon vor der Erfindung des Internets war die Pubertät schrecklich – vor allem für die Eltern. Und der Schrecken fängt heute früh an, meist im Alter zwischen zehn und elf Jahren. Insofern deckt die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF), seit sie jüngst die Altersgrenze für die Erhebung der Online-Reichweiten von 14 auf zehn Jahre gesenkt hat, endlich die komplette Pubertät ab. Fast drei Millionen Frühpubertierende, das sind 96 Prozent der Elf- bis 13-Jährigen, sind demnach online aktiv. Der Anteil der Nicht-Onliner in dieser Zielgruppe ist damit genauso hoch wie der Anteil der deutschen Haushalte ohne Fernseher. Doch was tut sich in der Online-Pubertät?

Im Reichweiten-Ranking der AGOF relativ wenig: Die meistgenutzten Auftritte – T-Online, gutefrage.net, eBay und Chip – führen bei den Zehn- bis 13-Jährigen die Statistik ebenso an wie in der Zielgruppe 14 bis 19. In der Top 25 unterscheiden sich die Online-Charts kaum – nur erfreuen sich in der jüngeren Zielgruppe spielaffe.de und songtexte.de deutlich größerer Beliebtheit als in der älteren der beiden jungen Zielgruppen.

Was die AGOF und andere Studien nicht erfassen, ist die Nutzung pornografischer Inhalte, die trotz (oder wegen) des Jugendschutzes von Jugendlichen genutzt werden. Die Sicherheitsfirma Kaspersky Lab hat die Nutzungsdaten der Kinderschutzfunktion ihrer Security-Software ausgewertet und kommt sogar zu dem Ergebnis, dass Porno-Inhalte in der Zielgruppe stärker genutzt werden als Social Media  oder Online-Shopping. Die Aussagekraft der Auswertung darf bezweifelt werden – auch wenn Aufklärung heute vermutlich häufiger bei YouPorn als in der „Bravo“ erfolgt. Die gute Nachricht für besorgte Eltern: Mehrere Studien zeigen, dass drei Viertel der Jugendlichen sich zwar nicht von den nur ein paar Klicks entfernten Pornos fernhalten. Beeinflussen aber lassen sie sich davon nicht. Im Gegenteil: Romantik steht hoch im Kurs, erste sexuelle Erlebnisse finden sogar später statt als noch vor einigen Jahren. Soziale Netzwerke zählen neben Suchmaschinen und Videoportalen zu den drei häufigsten Internet-Anwendungen und werden von rund 90 Prozent der Teenager genutzt. Die erste Anmeldung der Jugendlichen bei einem sozialen Netzwerk, meistens Facebook, erfolgt mit durchschnittlich 12,7 Jahren (JIM-Studie 2012). Mobbing hat sich vom Schulhof ins Internet verlagert – erreicht den Höhepunkt aber ähnlich wie früher mitten in der Pubertät (also im Alter von 14 bis 15 Jahren). Als ob man da nicht genug andere Probleme hätte! Die Zahlen schwanken von Studie zu Studie und je nachdem, wie Cybermobbing definiert wird. Etwa die Hälfte der Jugendlichen gibt an, online beschimpft oder beleidigt worden zu sein; zehn bis 20 Prozent fühlten sich massiv unter Druck gesetzt, bedroht oder erpresst.

Die Pubertät ist also weiterhin kein Kinderspiel – online ebenso wenig wie im realen Leben.