Jugendliche befürchten schlechtere Ausbildungschancen

Berufsausbildung ist nach wie vor hoch attraktiv für Jugendliche in Deutschland. Doch über 60 Prozent finden, dass sich die Ausbildungschancen durch Corona verschlechtert haben und die Hälfte von ihnen ist der Auffassung, dass die Politik wenig bis gar nichts für junge Menschen tut, die einen Ausbildungsplatz suchen.Die Corona-Krise führt zu einer massiven Verunsicherung von jungen Menschen im Hinblick auf Chancen am Ausbildungsmarkt. Viele sind skeptisch, dass sie einen adäquaten Ausbildungsplatz finden werden. 61 Prozent aller Befragten sind der Ansicht, dass sich die Chancen auf Ausbildung durch Corona verschlechtert haben. Bezogen auf ein Studium teilen weniger als ein Viertel (23 Prozent) der Befragten diese Befürchtung. Zu diesen Ergebnissen kommt eine heute veröffentlichte repräsentative Befragung von iconkids & youth im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Der Studienbericht Ausbildungsperspektiven in Zeiten von Corona stellte die Bertelsmann-Stiftung gratis zum Download zur Verfügung.

Demnach hat ein Drittel der Befragten hat den Eindruck, es gäbe zu wenig Ausbildungsplätze. Unter jungen Menschen mit niedriger Schulbildung liegt der Anteil noch deutlich höher (44 Prozent). Diese Verunsicherung zeigt sich auch bei Jugendlichen mit niedrigerem Schulabschluss, die bereits einen Ausbildungsplatz haben oder sich in Ausbildung befinden: Gut jeder zweite (53 Prozent) Azubi mit niedriger oder mittlerer Schulbildung macht sich Sorgen, die Ausbildung nicht abschließen zu können oder im Anschluss nicht übernommen zu werden. Die große Mehrheit (72 Prozent) der Azubis mit hohem Schulabschluss macht sich dagegen keine Sorgen.

Die Befragung zeigt auch, dass trotz der Corona-Pandemie eine berufliche Ausbildung ein attraktiver Bildungsweg ist. Rund zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler mit niedriger und mittlerer Schulbildung möchten eine Ausbildung machen. Das sagen immerhin auch 22 Prozent derjenigen mit hoher Schulbildung und weitere 43 Prozent von ihnen ziehen eine Ausbildung zumindest in Erwägung. Wer sich dafür entscheidet und einen Ausbildungsplatz findet, fährt offensichtlich gut damit: Mehr als 80 Prozent der befragten Azubis sind mit ihrem Ausbildungsplatz zufrieden.

„Die Berufsausbildung ist für junge Menschen hoch attraktiv. Dieses Potenzial müssen wir besser nutzen,“ fordert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Er verweist darauf, dass bereits vor der Corona-Krise viel zu viele Ausbildungsplatzsuchende unversorgt blieben. Jörg Dräger sorgt vor allem, dass laut der Befragung fast die Hälfte der Ausbildungsplatzsuchenden für den Fall, dass sie nicht erfolgreich sind, ungelernt auf Jobsuche gehen würde – mit schlechten Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt.

Die Befragung zeigt zudem eine verbreitete Enttäuschung der jungen Menschen: Die Hälfte von ihnen ist der Auffassung, dass die Politik wenig bis gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende tut. Weitere 30 Prozent erkennen zwar Anstrengungen auf Seiten der Politik, bewerten diese jedoch als unzureichend.

Jörg Dräger fordert deshalb: „Die Politik muss jungen Menschen berufliche Perspektiven bieten. Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie für all diejenigen, die keinen Ausbildungsbetrieb finden.“ Es gelte, den jungen Menschen die Verunsicherung zu nehmen.

Für ihn ist dies auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: „Wer das Abitur macht, hat in Deutschland eine weitgehende Studiengarantie, die die staatlich finanzierten Hochschulen einlösen. Jungen Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz müssen wir eine ebenbürtige Sicherheit bieten.“

Für die Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung befragte das Institut Iconkids & Youth im Zeitraum zwischen dem 7. und dem 27- Juli 2020 insgesamt 1.700 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Zum einen in einer repräsentativen Online-Befragung (n = 1.550), zum anderen in Face-to-Face-Interviews mit Hauptschülerinnen und Hauptschülern (n = 150).

Quelle der Charts: Bertelsmann Stiftung, Ausbildungsperspektiven in Zeiten von Corona