Mama Heidi & Papa Jogi
Model-Mama Heidi Klum und Bundes-Jogi Löw wären die Wunscheltern, wenn Kids unter Stars wählen könnten. Als Geschwister wünschen sie sich Lena Meyer-Landrut und Justin Bieber.
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709.000 ABC-Schützen werden (oder sind gerade) eingeschult worden. Allein die Schultüten lassen sich Eltern in Deutschland 42 Millionen Euro kosten. Denn ihr Kind soll schließlich die schönste und größte haben.
Mit der Frage nach den Zweitnamen von Prominenten könnte man jeden Quizshow-Kandidaten zur Verzweiflung treiben. Oder kennen Sie etwa Leonardo „Wilhelm“ DiCaprio, Daniel „Whroughton“ Craig, Manuel „Peter“ Neuer oder André „Horst“ Schürrle? Umso erstaunlicher: Die etwas aus der Mode gekommene Tradition, Kindern einen Zweitnamen aus der Familienhistorie mit auf den Lebensweg zu geben, erfreut sich gerade unter der jungen Bevölkerung wachsender Beliebtheit.
jugendvonheute Wie kamen Sie auf die Idee, zum einen die Bedürfnisse, die Medien befriedigen, und zum anderen die unterschiedlichen Lebensphasen – von der Schule bis zum Berufseinstieg – zu untersuchen?
Dirk Engel Wir wissen, dass junge Zielgruppen Medien anders nutzen. Die Frage war, ob sich ihre Nutzung nachhaltig verändert, oder ob sie zu „alten“ Gewohnheiten zurückkehren, wenn sie in eine neue Lebensphase eintreten, etwa eine Familie gründen.
jugendvonheute Und? Gucken sie dann wieder, was die Fernsehsender ihnen vorsetzen, oder konsumieren sie Bewegtbild vor allem über Online-Videotheken, Mediatheken und YouTube?
Dirk Engel Sowohl als auch. Millenials, für die Streaming – in welcher Form auch immer – eine Selbstverständlichkeit war, lassen nicht plötzlich davon, nur weil sie jetzt berufstätig sind oder eine Familie gründen. Sie setzen aber andere Prioritäten und schauen wieder mehr klassisches, lineares Fernsehen. Schlicht, weil andere Bedürfnisse wichtiger werden und sie etwa keine Zeit oder keine Lust haben, aktiv nach Programminhalten zu suchen.
jugendvonheute Das freut mich ja für die Fernsehsender, erinnert mich aber ein bisschen an die Zeitungsverleger, die lange an der Überzeugung festhielten, dass junge Leute schon brav wieder eine Zeitung abonnieren würden, wenn sie eine eigene Familie gründen. Das mag Jahrzehnte lang sogar richtig gewesen sein. Irgendwann aber verging soviel Zeit zwischen dem Auszug aus dem Elternhaus und der Familiengründung, dass die Leute von Print entwöhnt waren, alternative Online-Angebote nutzten und überhaupt nicht mehr daran dachten, zur Zeitung zurückzukehren. Droht den TV-Sendern nicht ein ähnliches Schicksal, in Zeiten, in denen viele Studenten nicht mal mehr einen Fernseher haben?
Dirk Engel Nein. Das ist ein Sonderfall. Studenten haben in der Regel wenig Geld, aber viele Aktivitäten. Solange sie alleine wohnen, haben sie deshalb tatsächlich oft gar keinen Fernseher. Da reicht ein Laptop, um eine Serie anzuschauen. Und wenn sie Fußball gucken wollen, gehen sie in die Kneipe. Aber sobald sie mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenziehen, wird fast immer sofort ein Fernseher angeschafft, damit man zu zweit gucken kann. Das Studium unterscheidet sich von allen Lebensphasen, weil hier die Ressource Geld gering, die Ressourcen Zeit und Bildung aber üppig sind. Das führt dazu, dass Studierende, was ihre Mediennutzung angeht, viel experimentieren. Dies geht zulasten des linearen Fernsehens. In dem Moment aber, in dem die Zeit knapper und das Geld mehr wird, Stichwort Berufstätigkeit, wird das lineare Fernsehen wichtiger. Gleiches gilt aber auch für kostenpflichtige Online-Videotheken.
jugendvonheute Welche grundlegenden Bedürfnisse befriedigen denn bewegte Bilder generell – unabhängig von dem Kanal, über den sie uns erreichen?
Dirk Engel Im Kern sind es fünf so genannte Gratifikationen, die uns Bewegtbild bietet: Entspannung und Unterhaltung, Information, soziale Orientierung, die Anschlusskommunikation – also der Austausch über das Gesehene – und Strukturierung des Alltags. In welchem Maße welches Bedürfnis besonders ausgeprägt ist, hängt zum einen mit der Alterskohorte zusammen, der man angehört. Also beispielsweise mit der Frage, ob man mit dem Internet oder mit Social Media aufgewachsen ist. Zum anderen ist unser Mediennutzungsverhalten stark davon geprägt, in welcher Lebensphase wir uns befinden. Sie bestimmt nicht zuletzt unsere Ressourcen. Schüler beispielsweise haben normalerweise viel Zeit, aber wenig Geld, im Berufsleben ist es häufig umgekehrt.
jugendvonheute Dies bei heutigen Schülern herauszufinden klingt relativ einfach. Aber Sie prognostizieren ja, wie sich junge Zielgruppen von heute später verhalten werden. Nun gibt es doch gar nicht so viele Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die schon eine Familie gegründet haben, um aus deren Verhalten auf die Zukunft derjenigen zu schließen, die irgendwann in Zukunft Eltern werden…
Dirk Engel … genau das war das Problem, das wir lösen mussten. Deshalb haben wir uns zunächst generell mit den unterschiedlichen Lebensphasen beschäftigt und die damit verbundenen Bedürfnisstrukturen sowie die Mediennutzung analysiert. Dann haben wir uns angeschaut, was mit den Wenigen ist, die schon in jungen Jahren beispielsweise eine Familie gegründet haben. So haben wir herausgefunden, dass die Lebensphase – Schüler, Studenten, Azubis, Berufstätige oder eben Eltern – auch schon bei den ganz Jungen einen enormen Einfluss auf die bereits erwähnten fünf Grundbedürfnisse und damit auf die Mediennutzung hat.
jugendvonheute Heißt das, dass ein 18-jähriger Student, was die Mediennutzung angeht, vermutlich mehr mit einem 28-jährigen Studenten gemein hat als eine 20-jährige Studentin mit einer gleichaltrigen jungen Mutter?
Dirk Engel Genau das – zumindest wenn wir davon ausgehen, dass alle vier Personen eine ähnliche mediale Sozialisation haben und Online-Bewegtbild schon über alle Kanäle genutzt haben.
jugendvonheute Gab es ein Ergebnis Ihrer Analysen, das Sie besonders überrascht hat?
Dirk Engel Das war eindeutig die Dominanz von YouTube bei der Gruppe der Schüler. Für sie erfüllt YouTube alle fünf Bedürfnisse, die sie an Medien haben, am stärksten: Entspannung und Unterhaltung, Information, soziale Orientierung, Anschlusskommunikation und Strukturierung des Tagesablaufs.
jugendvonheute Die ersten vier verstehe ich. YouTube als Strukturelement leuchtet mir aber nicht ganz ein. Da kommt bekanntlich nicht um 20 Uhr die Tagesschau.
Dirk Engel Das ist ein anderes Strukturverständnis. Hier geht es nicht um einen Taktgeber wie die Tagesschau. Hier geht es vielmehr darum, dass die Millennials in ihrem Tagesablauf Zeit für die Beschäftigung mit YouTube einplanen. Überdies ist YouTube für sie eine Art Fast Food für Wartesituationen. Dann gucken sie, was es bei ihren Lieblings-YouTubern Neues gibt und welche Videos ihnen Freunde empfohlen haben. So bekommt YouTube eine Aktualität, die es für Ältere nicht hat. Mit der Art ihrer YouTube-Nutzung grenzen sich Jugendliche überdies von den Älteren ab. Früher hatte man zur Abgrenzung vielleicht die Bravo oder eine bestimmte Radiosendung, Viva oder MTV. Heute ist es die YouTube-Nutzung. Vermutlich werden Sie wenige über 30-Jährige finden, die bei YouTube regelmäßig eine Stunde lang jemandem zuschauen, der ein Computerspiel spielt, oder jemanden, der mehr als 50 YouTube-Channels abonniert hat. In späteren Lebensphasen ist die Bedeutung dieses Medienangebots eben nicht mehr so allumfassend. YouTube dient dann mehr der Informationssuche und weniger der sozialen Interaktion.
jugendvonheute Sie haben im Auftrag der IP Deutschland, also eines TV-Vermarkters, geforscht. Dem wird es natürlich gefallen, dass Millennials in späteren Lebensphasen wieder zum klassischen linearen TV zurückkehren …
Dirk Engel Das stimmt. Aber das war schließlich nicht das Ziel unserer Analyse. Wir kommen ja auch zu Ergebnissen, die den Fernsehsendern weniger gefallen dürften. Wir sagen eben nicht, dass alles wieder so wird wie früher. Dass die jungen Leute es sich, sobald sie Familie haben, wieder nur vorm klassischen Fernsehen gemütlich machen. Sie werden auch als Eltern auf die Vielfalt der Bewegtbild-Medien zurückgreifen, die sie heute selbstverständlich nutzen. Sie werden Online-Videotheken nutzen, da kleine Kinder sich bekanntlich an keinen Zeitplan halten – auch nicht an den, den das TV-Programm vorgibt. Sie werden YouTube nutzen, aber weniger und anders als zu Schulzeiten. Dass aber das lineare Fernsehen, das in Lebensphasen wie dem Studium so gut wie keine Rolle spielt, nach der Familiengründung wieder an Relevanz gewinnt, ist eindeutig. Ganz einfach, weil es Grundbedürfnisse von Eltern optimal befriedigt – zum Beispiel Unterhaltung/Entspannung, die ihnen auf nur einen Knopfdruck hin zur Verfügung stehen. Das Schöne an unseren Ergebnissen ist, dass die Gratifikationen, die Menschen in bestimmten Lebensphasen von Medien erwarten, relativ stabil sind. Und wenn Fernsehsender diese verschiedenen Motivationen besser verstehen, können sie sie auch noch besser bedienen.
jugendvonheute Gab es ein Ergebnis Ihrer Analysen, das Sie besonders überrascht hat?
Dirk Engel Das war eindeutig die Dominanz von YouTube bei der Gruppe der Schüler. Für sie erfüllt YouTube alle fünf Bedürfnisse, die sie an Medien haben, am stärksten: Entspannung und Unterhaltung, Information, soziale Orientierung, Anschlusskommunikation und Strukturierung des Tagesablaufs.
Dirk Engel ist unabhängiger Marktforscher, Dozent und Berater. Zu seinen Themengebieten gehört Mediennutzung, Werbewirkung und Konsumentenpsychologie. Er lehrt an verschiedenen Hochschulen und Akademien und schreibt regelmäßig Fachartikel und Kolumnen zu Themen rund um Marketing und Medien. Link zu Dirk Engels Website
Mehr zur Studie: Screenlife 2016
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