11- bis 17-Jährige

Weniger Lebensqualität, mehr psychische Probleme

71 Prozent der 11- bis 17-Jährigen in Deutschland und 80 Prozent der Eltern empfinden die Corona-Krise als seelisch äußerst/ziemlich belastend. Das bleibt nicht folgenlos: Kinder und Eltern berichten vermehrt nicht nur von Alltagsproblemen, sondern  auch von psychischen und psychosomatischen Auffälligkeiten. Betroffen sind vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten steigt von rund 18 Prozent vor Corona auf 31 Prozent während der Krise, so die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE). 

Interview mit Sabine Kadolph, Dr. Sommer-Team der Bravo

Pubertät 3.0

Was Jugendliche wirklich beschäftigt, weiß wohl kaum jemand so genau wie Dr. Sommer von Bravo. Da es ihn aber bekanntlich nie gegeben hat, sprachen wir mit Sabine Kadolph, einer seiner „Stellvertreterinnen“, über eine schwieriger gewordene Pubertät, nahbare Stars und das wachsende Gesundheitsbewusstsein der Jugendlichen.

jugendvonheute Sind Jugendliche dank Google, Wikipedia, YouTube & Youporn heute abgeklärter und aufgeklärter?
Sabine Kadolph Abgeklärt sind sie sicher nicht und sie sind auch nicht so aufgeklärt, wie man annehmen möchte. Natürlich haben sie mehr Möglichkeiten, sich zu informieren – aber das „Mehr“ an Information schürt auch neue Unsicherheiten.

jugendvonheute Welche Unterschiede gibt es aus Ihrer Sicht zwischen der Pubertät 3.0 und der analogen Pubertät in den 90er Jahren?
Sabine Kadolph Zunächst hat sich die Pubertät an sich nicht verändert. Es ist eine schwierige, aber auch eine sehr schöne und spannende Zeit. Sie beginnt vielleicht ein bisschen früher und die Jugendlichen sind heute auch etwas ungeduldiger, erwachsen zu werden. In den Jahren, in denen der Körper reift, möchten sie schon dieses fertige Körperbild haben, das ihnen gefällt. Der Versuch, sich abzugrenzen, anders sein zu wollen als die Erwachsenen, ist aber nach wie vor da. Was sich gravierend verändert hat, ist die Kommunikation – von Facebook bis Instagram, von Whats App bis Snapchat.

jugendvonheute Ist die Pubertät schwieriger geworden?
Sabine Kadolph Ja. Denn die Jugendlichen sind in der Zeit, in der all diese Veränderungen stattfinden, ohnehin sehr gefordert. Sei es schulisch, sei es in der Familie. Das Elternhaus ist oft nicht mehr so da wie früher – es gibt viele Alleinerziehende und neue Familienkonstellationen. Außerdem sind Jugendliche in der Schule heute viel stärker gefordert als früher und schon sehr in die Zukunft orientiert. Dazu kommt der Druck, bei den Klassenkameraden angesehen und beliebt zu sein. Das alles zu vereinbaren, ist schwierig – und Spaß haben will man ja auch noch.

jugendvonheute Sie sind fast 25 Jahre im Dr. Sommer-Team. Wird es Ihnen nicht manchmal langweilig, immer wieder die gleichen Fragen Pubertierender zu beantworten? 
Sabine Kadolph Überhaupt nicht. Mein Job ist und bleibt spannend. Auch wenn manche Fragen immer wieder kommen, so werden sie doch immer wieder auf neue Art und in anderen Zusammenhängen gestellt.

jugendvonheute Was sind denn die Fragen-Klassiker in neuem Gewand?
Sabine Kadolph Alles rund um das Thema Aufklärung. Und auch mit der Frage „Was ist normal?“ haben wir es quasi tagtäglich zu tun. Ist mein Körper normal? Ist es normal, dass ich schon mit elf meine Tage habe oder mit 14 noch nicht? Ist es normal, dass alle in meiner Klasse größer sind als ich? Diese Fragen bleiben, weil man sich in diesem Alter eben nicht allzu sehr von Anderen unterscheiden will. Und natürlich dreht es sich auch immer wieder ums Verliebtsein: Wie mache ich ihn auf mich aufmerksam? Wie spreche ich sie an?

jugendvonheute Vom Verliebtsein zum Anhimmeln: Früher gehörte das Poster überm Bett zum Teenager-Dasein. Man hat aber den Eindruck: Je intensiver im Fernsehen Superstars gesucht werden, desto weniger scheinen sie die Jugend zu interessieren?
Sabine Kadolph Da muss ich widersprechen. Stars gibt es nach wie vor. Es ist nur eine ganz neue Art von Stars hinzugekommen – die YouTuber, die ganz nah dran sind an der Welt der Jugendlichen. Bibi oder Dagi Bee sind wie die Teenager selbst und beschäftigen sich mit den gleichen Themen. Und deren Poster hängen dann auch im Zimmer. Was es nicht mehr gibt, sind Stars, die über Jahre hinweg mehrere ,Generationen` von Teenagern begeistern, so wie früher Boybands wie Take That. Das ist alles viel schnelllebiger geworden.

jugendvonheute In der eben erschienenen Bravo Dr.-Sommer-Studie 2016 werden die 11- bis 17-Jährigen als „Generation Selfie“ bezeichnet. Sind die massenweisen Selbst-Postings aus Ihrer Sicht Fluch oder Segen?
Sabine Kadolph Beides. Auf der einen Seite ist es gut fürs Ego, sich selbst darzustellen und bewerten zu lassen. Vor allem, wenn dann noch das Feedback kommt: Du siehst toll aus! Aber es kann natürlich schnell ins Gegenteil umschlagen.

jugendvonheute Eben startete die neue Staffel von Germany´s next Topmodel. Und in der Dr. Sommer Studie geben 78 Prozent der Jugendlichen an, dass es einen Zusammenhang zwischen Beliebtheit und „dünn sein“ gibt. Was bedeutet das für die Jugendlichen
Sabine Kadolph Sie spüren einen großen Druck. Aber ich würde das nicht nur an dieser Sendung festmachen. Dass gutes Aussehen und Schlanksein wichtig sind, wird ja überall vorgelebt. Auch deshalb sehen wir es als eine unserer größten Aufgaben, das Selbstbewusstsein der Jugendlichen zu stärken. Denn nur so können sie sich auch in Bezug auf Liebe und Sexualität frei äußern, sagen, was ihnen Spaß macht und was sie sich wünschen – um nur ein Beispiel zu nennen.

jugendvonheute Gibt es denn aus Ihrer Sicht ein Thema, bei dem sich die Jugend von heute besonders deutlich von früheren Teenager-Generationen unterschiedet? 
Sabine Kadolph Was sich total verändert hat ist, dass die Jugendlichen sehr, sehr gesundheitsbewusst geworden sind: Nicht Rauchen, keine Drogen, viel Körperpflege, bewusst Sport treiben und möglichst gesund essen. Wie kann ich mich vegetarisch oder vegan ernähren? Was kann ich machen, um meine Bauchmuskeln zu stärken? Wie kann ich das Beste aus meinem Typ machen? Solche Fragen kommen heute sehr viel früher. Da treffen dann Youtube-Stars wie Bibi mit ihren Schmink- und Styling-Tipps voll ins Schwarze. Das macht den Jugendlichen dann richtig Spaß und das ist dann auch eine sehr schöne Seite dieses Alters. Und wenn Jugendliche dann noch Freunde haben, kann die Pubertät eine ganz, ganz tolle Zeit sein.

Sabine Kadolph ist seit fast 25 Jahren im Dr. Sommer-Team. Das Dr.-Sommer-Team liefert seit 1969 bei allen Fragen rund um Liebe, Sex, Körper und Beziehungen Antworten für die Jugendlichen. Die Rubrik wurde beim Relaunch 2014 auf sieben Seiten deutlich erweitert: mit dem Dr. Sommer-Klassiker „Deine Fragen der Woche“ auf einer Doppelseite, dem Special zu einem aktuellen Thema aus der Lebenswelt der Leser, im Wechsel der Bodycheck und die Rubrik „Das erste Mal“ (zu Themen wie der erste Streit, der erste Sex, das erste Mal beim Anderen übernachten etc.) und dem Pärchen-Talk „Liebe & Sex“. Auf BRAVO.de hat Dr. Sommer einen eigenen Channel; Dr. Sommer-TV bietet ausgewählte Themen im Videoclip-Format.

Was gibt’s zum Frühstück?

Schlechte Nachrichten für Cerealien-Hersteller, vor allem aber für die Verfechter gleicher Bildungschancen. Zum Frühstück gibt es bei Schülern immer häufiger: gar nichts. In den regelmäßigen Genuss der angeblich wichtigsten Mahlzeit des Tages kommen in Deutschland nur noch knapp zwei Drittel der Jungs und 57,3 Prozent der Mädchen zwischen 11 und 15 Jahren.

Erste Diät mit 12, erster Sex mit 17

Dr. Sommer (den es nie gab) tut, was er immer schon tat: Er klärt das junge Deutschland auf. Früher im Auftrag der guten alten Jugendzeitschrift Bravo, heute im Dienste der „Multimediamarke Bravo“. Soeben veröffentlichte die Bauer Media Group die Dr. Sommer-Studie 2016. Das erste, für Eltern vermutlich erfreuliche Ergebnis: Youporn & Co haben offenbar wenige Auswirkungen auf das reale pubertäre Liebesleben.